Der Neu-Ulmer Fragmente-Experte Dr. Ulrich-Dieter Oppitz entdeckte
in der wissenschaftlichen Stadtbibliothek in Memmingen eine Slowenische
Kirchenordnung aus dem 16. Jahrhundert. Bislang war weltweit nur eine
Ausgabe des Werkes bekannt, welche in Rom aufbewahrt wird. Zur
Präsentation des wertvollen Fundes durch Oberbürgermeister Dr. Ivo
Holzinger kam eine Delegation mit dem slowenischen Kulturminister Dr.
Uroš Grilc an der Spitze in das Memminger Rathaus.
Die „Slovenska Cerkovna Ordninga“ von Primož Trubar stand im
Mittelpunkt der Veranstaltung. Der Fund dieser Slowenischen
Kirchenordnung stellt eine Sensation dar. Von den im Jahre 1564 im
württembergischen Urach rund 300 gedruckten Exemplaren war bislang nur
ein noch existierendes Exemplar bekannt. Dieses befindet sich in der
Vatikanischen Apostolischen Bibliothek in Rom.
„Die schönsten Termine kommen unverhofft“, so begrüßte
Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger die Ehrengäste um den „Entdecker“
der wissenschaftlichen Sensation, Dr. Ulrich-Dieter Oppitz. „Dies ist
ein bemerkenswerter, einzigartiger Fund in der Geschichte unserer
Stadt.“ Neben Dr. Uroš Grilc, dem slowenischen Minister für Kultur und
Geza Erniša, dem Bischof der evangelischen Kirche Augsburgischen
Bekenntnissens in Slowenien hieß Dr. Holzinger die Botschafterin der
Republik Slowenien in Deutschland, Marta Kos Marko, die
Generalsekretärin Lilijana Kodrič, Professor Doktor Kozma Ahačič, den
Leiter des Instituts für Slowenische Sprache, und Marjan Kumer, den
Leiter des Bayerischen-Slowenischen Kreises aus München im Memminger
Rathaussaal willkommen.
„Durch Zufall“, so erzählte Dr. Oppitz sei er auf diesen Schatz im
Memminger Stadtarchiv gestoßen. Vor etwa 30 Jahren war er auf der Suche
nach einer mittelalterlichen Rechtsschrift, „die ich leider nicht fand.
Dafür aber viele Buchbände, die ich nun, da ich mehr Zeit habe, nochmal
durchgesehen habe“. Der Einband des Buches, der nicht deutsch ist, habe
sein Interesse geweckt und er ging auf die Suche. Dabei stellte sich
heraus, dass von diesem Buch nur noch das in der vatikanischen
Bibliothek befindliche Exemplar bekannt ist. Der Vergleich beider Werke
habe sogar gezeigt, dass das Memminger Exemplar in einem besseren
Zustand ist, als die „vatikanische Ausgabe.“
„Wie wichtig dieser Fund für uns ist sehen Sie daran, wie groß unsere
heutige Delegation ist“, sagte Kulturminister Dr. Grilc. „Ich bin sehr
dankbar, dass dieses sehr gut erhaltene Exemplar hier in Memmingen
gefunden wurde. Es ist von sehr großem Wert für Slowenien.“
„Für eine so kleine Kirche wie die unsere ist dieses Buch von
unschätzbarem Wert“, erklärte Bischof Erniša und übergab Dr. Holzinger
eine slowenische Ein-Euro-Münze, deren Rückseite das Portrait Trubars
ziert. Die rund 20 000 protestantischen Slowenen, meist Angehörige der
evangelischen Kirche des Augsburger Bekenntnisses, machen nur etwa ein
Prozent der slowenischen Bevölkerung aus.
Den Stellenwert, den dieses Buch in Slowenien genießt, wurde Ende
Oktober beim slowenischen Tag des Buches deutlich. Bei der Präsentation
der ersten Auszüge durch Dr. Oppitz waren über 100 Gäste sowie TV- und
Radiosender und diverse slowenische Zeitungen anwesend.
Die Entdeckung des Buches hat auch bei der hiesigen Geistlichkeit das
Interesse geweckt. Neben Ehrenbürger Weihbischof em. Max Ziegelbauer
nahmen auch der katholische Dekan Ludwig Waldmüller und die evangelische
Dekane Kurt Kräß, Memmingen, sowie Jörg Dittmar vom
Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk Kempten/Allgäu an der
Präsentation teil.
Die jetzt wiedergefundene Kirchenordnung wurde
vom slowenischen Exulanten und protestantischen Prediger Primož Trubar
verfasst. Trubar war von 1553 bis 1561 Pfarrer in Kempten. Im Kempter
Dekanatsbezirk wird bis heute das Trubar-Vermächtnis gepflegt.
Das Buch wird nun digitalisiert. Im Frühjahr nächsten Jahres ist in
Memmingen eine wissenschaftliche Veranstaltung geplant, bei der das Werk
vorgestellt wird. Im Anschluss an die Präsentation trugen sich die
Gäste in das Goldene Buch der Stadt ein. (Quelle: Pressestelle Stadt Memmingen)
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